Freie Fahrt mit dem Oma-Taxi

Freie Fahrt mit dem Oma-Taxi

08.01.2010 Freie Fahrt mit dem Oma-Taxi


Fürth. Veronika Schröder liest ein Buch, etwas Leichtes, zum Entspannen, in der Art von Rosamunde Pilcher. Eine Tasse Kaffee verkürzt die Zeit und den Plausch mit anderen "Chauffeuren" hat sie längst liebgewonnen. Geduldig wartet sie im Ringerleistungszentrum in Aschaffenburg, auf ihren Enkel Tobias und Pascal Eisele. Sie fährt das "Oma-Taxi" und hat ihren Anteil daran, dass die beiden Odenwälder Nachwuchshoffnungen mit den Bronzemedaillen bei der den Europameisterschaften der Kadetten für Furore sorgten. Veronika Schröder tut viel für ihre "Buben", wie sie Tobias und Pascal nennt, so viel, dass die 65-Jährige jetzt vom Hessischen Ringer-Verband in Goldbach als Erste mit dem neu ins Leben gerufenen Ehrenpreis ausgezeichnet wurde. "Das war eine Überraschung. Damit habe ich nicht gerechnet", sagte die Fürtherin, die beim SV Fahrenbach auch schon den Nachwuchs betreute und die Wäsche machte. Veronika Schröder ist eine der vielen stillen Helfer im Hintergrund, die so hinter manch einer großen Karriere stehen. Um ihr Engagement macht sie selbst nicht viel Aufhebens: "Wichtig ist nur, dass die Buben Spaß am Ringen haben und erfolgreich sind." Bundestrainer Alexander Leipold, Landestrainer Jens Gündling oder auch Heimtrainer Markus Schröder sorgen für das sportliche Vorankommen, doch damit Tobias Schröder und Pascal Eisele überhaupt ins Stützpunkttraining oder zu so manchem Wettkampf kommen, dafür ist die Großmutter zuständig. Zwei bis dreimal in der Woche steigt sie in ihren Ford Fusion und macht sich mit den jungen Sportlern im Gepäck auf die Fahrt nach Aschaffenburg. Je nachdem, ob sie über Höchst im Odenwald oder Babenhausen fährt, sind es 65 bis 70 Kilometer - einfach. "Wenn die Witterung schlechter ist, fahre ich nicht die vielen Steigungen im Odenwald", kennt Veronika Schröder den Weg fast im Schlaf. Dabei ist sie stets aufmerksam, auch wenn es im Training wieder einmal spät geworden ist: "Toi, toi, toi, ich hatte noch keinen Unfall." Schon einmal, vor 26 Jahren, setzte sich Veronika Schröder regelmäßig hinters Steuer, um ihren damals 14-jährigen Sohn Markus zu unterstützten. Das sich die Geschichte wiederholt, damit hätte sie nicht gerechnet. Noch zwei Jahre, solange bis Tobias den Führerschein hat, will sie den Kutscher spielen, dann kann sie mit 67 in Rente gehen.


Mit Herzblut dabei "Sie ist mit Herzblut bei der Sache. Wir alle können froh sein, dass sie uns so unterstützt", sagt Markus Schröder, der mit seinen Eltern in einem Haus wohnt, voller Dankbarkeit. Er weiß, was er an seiner Mutter hat, aber auch sein Vater Helmut ist stets bereit, wenn mal wieder eine Fahrt ansteht. "Früher hatten wir einen Mercedes-Diesel, doch ich wollte ein kleineres Auto", ist Veronika Schröder sehr zufrieden mit ihrem treuen Fusion, der auch im Kofferraum genug Platz für die Sporttaschen und einen Einkauf bietet - den macht sie nämlich manchmal auch in Aschaffenburg, um die Wartezeit zu überbrücken. Das Benzingeld wird in der Familie geteilt, Zuschüsse gibt es keine. Zu Weihnachten bekam Oma Schröder ein Fotobuch, das den Weg von Tobias Schröder zu EM-Bronze dokumentiert. Das Buch steht im Schlafzimmer, stets griffbereit, denn das Anschauen macht fast so viel Spaß wie selbst in Serbien dabei gewesen zu sein. Olympische Spiele sind ein Traum Vielleicht haben die Schröders irgendwann ja ein Buch mit fünf Ringen zu Hause, denn den Traum von den Olympischen Spielen träumt Veronika Schröder zusammen mit Tobias. 2012 in London kommt zu früh, aber Rio de Janeiro 2016 ist ja auch eine Reise wert. beg Artikel vom: 08.01.2010